Susanne FischerSPD Berlin/Sebastian Thomas

Weltfrauentag 2022: Braucht es eigentlich noch den Frauentag?

Ein Kommentar der ASF-Vorsitzenden Susanne Fischer.

Es ist eine Frage, die Frauen nach jedem noch so kleinen Erfolg gestellt wird: Braucht ihr noch einen Feiertag? Habt ihr nicht längst Gleichstellung erreicht? 16 Jahre hatten wir eine Kanzlerin, die Menschen in Berlin haben gerade eine Regierende Bürgermeisterin gewählt, wir haben zum ersten Mal eine Innenministerin – aber da fängt das Problem schon an. Im Jahr 2021 wählten wir zum ersten Mal in der Geschichte unseres Bundeslandes eine Frau ins Rote Rathaus.

Wir haben die erste Innensenatorin, erst jetzt einen paritätisch besetzten Senat. All diese Errungenschaften kamen nicht von allein oder weil man einsah, dass es Zeit wäre, dass Frauen mitentscheiden sollten. All das wurde durchgesetzt mit viel gesellschaftlichem oder politischem Druck. Nur so konnte die großartige Bärbel Bas Bundestagspräsidentin werden und nicht erneut ein Mann.

ASF-Vorsitzende Susanne Fischer
Ihre Antwort ist eindeutig: Es braucht den Internationalen Frauentag mehr denn je, findet die Berliner ASF-Vorsitzende Susanne Fischer.

Im Jahr 2022 müssen wir immer noch um eine gerechte Verteilung von Macht und Posten ringen. Aber gerade das vergangene Jahr hat gezeigt, dass Errungenschaften, die wir für selbstverständlich hielten, gefährdet sind. In unserem Nachbarland Polen sterben Frauen, weil ihnen ein Abtreibungsverbot lebensrettende medizinische Eingriffe verwehrt. In Afghanistan wurden all die Fortschritte, die Frauen erkämpft haben, mit der Machtübernahem der Taliban weggewischt.

Immer noch werden Frauen und Mädchen täglich durch Partner, Verwandte, Vorgesetzte oder Autoritätspersonen bedroht, bedrängt oder es wird ihnen Gewalt angetan. Kann ein Frauentag da helfen? Ein Feiertag allein verbessert nicht die Situation in der Gesellschaft. Aber er kann eine Bühne sein und zeigen, wie viele Frauen und auch Männer für unsere Forderungen bereit sind, auf die Straße zu gehen.

Ein großes Familientreffen, das zeigt, dass wir in unserem Einsatz nicht allein sind. Eine Gelegenheit, die eigenen Anliegen auszusprechen und zuzuspitzen. Braucht es den Frauentag? Ja, weil nach jedem Erfolg für die arbeitende Bevölkerung in diesem Land nicht gefragt wird, ob wir den 1. Mai abschaffen – bei Errungenschaften für Frauen aber sehr wohl ihre Bewegung sofort in Frage gestellt wird.